Ostschweizer Stammausfahrt 2022

Ostschweizer Stammausfahrt Samstag, 21. Mai 2022 mit Vortagesevent

Allem voran einen grossen Dank an die Organisatoren für diese Ausfahrt und besonderen Dank für die Möglichkeit der Vortagesanreise. Eine Ausfahrt nach so langer Abstinenz, immer wieder Verschieben von Anlässen und diversen Ausflügen muss etwas Besonderes sein. Also anmelden und auf das, was dann kommt, gespannt sein.
 
Werner Rieke
 
Für die Berner, Berner Seeländer, Aargauer oder auch Tessiner und Bündner, ist die Ostschweiz doch ziemlich weit weg und die Anfahrt mit einem Oldie auch recht lang. Deshalb sind wir Drei aus Bern gemeinsam aufgebrochen und haben die Strasse am Vortag unter die Räder genommen. Immerhin eine knapp fünfstündige Anfahrt.

Die Strecke via Kirchberg – halt was ist das? Kirchberg ist die Ortschaft des Ostschweizer Stammes und das liegt nur ca. 20 km von Bern entfernt? – Ach so, es gibt da noch ein anderes Kirchberg aber in der Ostschweiz ca. 180 km von Bern. Also weiterfahren via Huttwil, Sursee. Da hat sich schon die erste Panne eingeschlichen. Das rechte Hinterrad beim 170 S hat einen Plattfuss. Rasch das Rad wechseln (auf Winterreifen) und weiter geht’s. Knonau, Pfäffikon, Wattwil und dann sind wir schon am ersten Ziel im Hotel in Münchwilen. Ja auch das liegt etwas abseits von Kirchberg. In der Region findet gleichzeitig das eidgenössische Gesangsfest statt, mit einigen Tausend Besuchern, die ebenfalls eine Unterkunft suchen. Die Stadt Gossau – eingebettet zwischen Bodensee und Säntis – wird vom 20. bis 28. Mai 2022 zum nationalen Zentrum aller Freunde des Chorgesangs. Nach dem Hotelbezug geht’s zum MBVC Programm – ab nach Kirchberg.

Nach einem Stärkungsschluck und der kurzen Begrüssung geht’s zum Vorabendprogramm. Wir nehmen den Weg nach Niederbüren gemäss dem speziellen ersten Teil des Road Books unter die Räder. Die Strecke führt via Bazenheid, Jonschwil, Oberuzwil, Oberbüren nach Sorntal bei Niederbüren; durch grüne Landschaften und Wälder, urchige Dörfer mit Aussichten bis weit ins St. Galler-Land.
 
Das erste Rock- & Popmuseum der Schweiz wurde am 30. April 2012 gegründet und ist seitdem eine «echte Perle» in der europäischen Museums-Landschaft. Roland «Tschiibii» (GB) Grossenbacher hat über viele Jahre alles gesammelt, was die Pop- und Rockwelt hergibt. Mit dem «Rock- und Popmuseum» in Niederbüren erfüllte sich der gelernte Koch einen Traum. Diesen Traum dürfen wir mit der nötigen Begleitung und den Erklärungen eines überzeugten Sammlers miterleben.

Das Nostalgieerlebnis kommt via Tablet aus den Lautsprechern mit den nötigen teils etwas lauten, aber sehr unterhaltenden Worten. Mit hunderten von Texten und musikalischen Leckerbissen, die meisten noch mit Filmclips dokumentiert, wird die Geschichte erlebbar. Tschiiblii dokumentiert uns die Historie der Musik von 100 Jahren auf eindrückliche Weise. Von Elvis Presley, Led Zeppelin, Cliff Richard oder den Beatles. Und W.C. Handys «St. Louis Blues» sei der «erste Popsong» der immer wieder neu interpretiert worden ist; zum Beispiel von Louis Armstrong oder Glenn Miller, als Swing, Marsch und Rock’n’Roll. Fazit ist: «Die Musikgeschichte ist voller Geklautem». 99.9% der Leute kennen AC/DC, aber kaum einer kennt Ry Cooder. Ebenfalls The Wreckling Group oder Rosetta Tharp. Sofort spielt Tschiiblii die Gospelsängerin als Film ein und erzählt ihre Geschichte. Zwischendurch (nach dem anstrengenden Zuhören) gibts einen Apéro mit vielen weiteren Gesprächen, Fragen und entsprechende Antworten. Und zu guter Letzt dürfen wir noch den absoluten Höhepunkt mit entsprechenden Kommentaren sehen: Den «Saal» mit der grössten Ausstellung der Beatles-Sammlung, mit 45 Originalplatten in Gold und Silber, die grösste und einzige vollständige Sammlung in Europa.

Nach diesen «überwältigenden, einmaligen» Informationen müssen wir den Heimweg nach Kirchberg zum Nachtessen unter die Räder nehmen. Wer etwas von Musikgeschichte hören und erleben, vom Anfang der Nichtelektronischen Musik in die Jugendjahre, bis in die 80er Jahre versetzt werden will, der sollte dieses Museum unbedingt besuchen.

Das Nachtessen im Chalet des Toggenburgerhofes haben wir bei Nostalgiegesprächen und angeregten Details zu unseren Oldies, bis weit in die Nacht hinein, genossen. Auch im Garten und an der Bar wurde noch lange diskutiert.

Am eigentlichen Ausfahrtstag der Ostschweizer Ausfahrt treffen wir uns morgens um 07.30 Uhr im Stammlokal in Kirchberg. Wie üblich bei Kaffee und Gipfeli und den Willkommensgesprächen der neu zugestossenen Teilnehmenden. Nach dem offiziellen Empfang und den Instruktionen zum Road Book heisst es Starten der Motoren und Abfahrt Richtung Dübendorf.

38 Fahrzeuge und 63 Teilnehmer und Teilnehmerinnen sind auf Nebenstrassen durch teils sicher unbekannte Gegenden unterwegs. Die Route führt uns über Schalkhausen, Buhwil, Fischingen, Rotbühl, Meiershofen, Schalchen, Netswil, Weisslingen, Agasul, Bisikon, Kindshausen nach Wangen. Durch grüne Wälder, entlang abgemähter Wiesen, durch Täler und über Hügel mit traumhafter Aussicht, wenn der Dunst und Nebel nicht wären. Aber die schmucken Dörfer, mit ihren eigentümlichen Namen und die Bauernhöfe entlang der Strecke haben auch ihren Reiz. Das Wetter bessert sich laufend und ist für Cabriofahrer angenehm. Die Strecke hat aber auch ihre Tücken, vor allem wenn man sich auf den vorausfahrenden Wagen konzentriert und sich als Einzelfahrer nicht an den Angaben im Road Book orientieren kann. Das Verkehrsaufkommen am Samstag gegen Mittag ist grösser als erwartet. Für einen Teil der Kolonne muss also ein Umweg gefunden werden. Nichtsdestotrotz kommen alle pünktlich am Zielort in Wangen bei Dübendorf an. Eine gut organisierte Parkeinweisung von der Meyer Orchideen AG, kann für alle Oldies eine Abstellmöglichkeit garantieren.

Die Wurzeln der heutigen Meyer Orchideen AG gehen auf das Jahr 1937 zurück. Hermann und Louise Meyer gründeten damals auf dem heutigen Gärtnereiareal in der Roswis einen Gemüseanbaubetrieb. 1962 wurden in der zweiten Generation von Sohn Peter Meyer die ersten Zierpflanzen gezogen. 1980 begann der Betrieb mit dem Anbau von Orchideen, wobei die Menge jährlich gesteigert wurde. Im Jahre 2002 durfte Hanspeter Meyer in der dritten Generation den Betrieb von seinem Vater Peter übernehmen. Aktuell produziert er hier jährlich auf einer Fläche von 16’000 m² etwa 500’000 Orchideen in vielen exklusiven Sorten. Seit 2011 werden die Orchideen komplett klimaneutral produziert. Mit der Holzschnitzelheizung und der Grundwasser-Wärmepumpe wird die Wärme gewonnen. 2012 wurde die neue Fotovoltaikanlage mit einer jährlichen Leistung von 125’000 kWh in Betrieb genommen. Der Pflanzenschutz erfolgt, wenn immer möglich, biologisch und ansonsten mit schonenden Mitteln.

Keine andere Pflanzenfamilie hat ein solches Spektrum, was Formen und Farben der Blüten anbelangt, wie die Familie der Orchideen. Die Grösse der Blüten variiert von einigen Millimetern bis zu 20 Zentimetern und mehr pro Blüte. Das Farbspektrum reicht dabei von zartem Weiss über Grün- und Blautöne bis zu kräftigen Rot- und Gelbtönen. Viele der Orchideenblüten sind sogar mehrfarbig. Wer also mehr von Orchideen wissen will, sollte die Ausstellung unbedingt mal besuchen. Weitere Infos und alles Wissenswerte über diese Pflanzen sind auch auf der Homepage von Meyers «Orchideen mit Herz» abrufbar (www.swissorchid.ch).

Nach diesen lehrreichen und sehr interessanten Eindrücken müssen wir gemäss Road Book weiter nach Fällanden bei Dübendorf. Hier werden wir von den Mannen der Swiss Classic Car in die reservierten Parkgelegenheiten rund um die Gebäude eingewiesen. Nach dem Apéro sind wir zu einer super Paella mit Fleisch oder mit Meeresfrüchten eingeladen. Feiner Wein, Bier oder Mineral für die Fahrer (?) werden offeriert und danach noch eine Glacé zum Kaffee.

Seit mehr als 40 Jahren sammelt der Firmeninhaber, Dr. Hans Ulrich Schaer, aus Leidenschaft Oldtimer der Marken Mercedes und Porsche der 1950-1980er Jahre. Über diese Zeitspanne ist eine exklusive Ausstellung zusammengekommen. Das Mechaniker-Team (10 Mitarbeiter) um den Geschäftsführer Marco Eichmann, den Werkstattleiter Daniel Walaszkowski und den Teamleiter Tomaso Casarano kümmern sich mit viel Sorgfalt und grossem Know How um die Fahrzeuge. Hier greift man auch auf ein grosses Ersatzteillager zurück, das über viele Jahre aufgebaut wurde. Bei allen Gesprächen mit den Mitarbeitern spürt man das Feuer und die Freude für die Arbeiten an den Fahrzeugen. Alles wird hier noch von Hand gemacht. Komplette Karosserien, Getriebe- und Motorrevisionen, Stossdämpfer, Klimaservice, etc. In der grossen Garage nebenan sind die bereitstehenden restaurierten Fahrzeuge zum Verkauf ausgestellt. Ein Besuch der Swiss-Classic-Car lohnt sich jederzeit, sei es für Informationen, Beratung, Teileverkauf oder einfach aus Neugier.
 
Ein Zitat aus der Firmenbroschüre, das auch unser Motto sein könnte, lautet: «Was ist es, das die ‹Liebe zum Oldtimer› ausmacht? Ist es das Geräusch, das die Tür zum Einrasten von sich gibt? Sind es Karosserien, welche mit Ihren einzigartigen Linien bestechen? Oder einfach nur der klassische Sound eines Vergasermotors? Es geht dabei um all das und noch viel mehr: Es geht um die Liebe zum Automobil und die Wertschätzung für ein Zeitzeugnis der besonderen Art.».
 
Zu guter Letzt können wir noch das «Basislager» besichtigen. Dort stehen über 60 Mercedes, schön in Regalen aufgereiht und warten auf eine Restaurierung und den Verkauf. Gemäss H.U. Schaer sind das die Arbeiten für die nächsten ca. 40 – 50 Jahre. Von einem solchen Auftragsbestand kann man nur träumen.

Nach all diesen Eindrücken müssen wir uns auf den Heimweg machen, es liegen noch gut 130 km vor uns. Die Heimfahrt am späten Nachmittag via Stadt Zürich (ohne Verkehrsprobleme), Birmensdorf, Muri (aha schon in Bern? – Irrtum Muri im Kanton Aargau), Beromünster, Sursee, Huttwil, Burgdorf nach Bern verläuft problemlos. Wenig Verkehr auf dieser Überlandfahrt und schönstes Wetter machen den Abschluss einer super Ausfahrt in die Ostschweiz zum Erlebnis der besonderen Art. Ein Oldtimer ist mehr als ein blosses Fahrzeug, es ist ein Kumpel, ein Zeitzeuge oder die grosse Liebe (Zitat SCC). Es ist eine schöne und lehrreiche Ausfahrt gewesen. Wer nicht dabei war, hat einfach etwas verpasst.

Ein grosser Dank geht an das OK für die gute Vorbereitung, die interessante Ausfahrt und die lehrreichen Besichtigungen. Ich glaube es hat sich gelohnt, diese Ausfahrt auch aus weiter entfernten Orten anzufahren und zu geniessen.

Also auf zur nächsten MBVC-Ausfahrt.

 
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