Ostschweizer-Stamm-Ausfahrt 2024
Rechnen, Jodeln, Talerschwingen
Ostschweizer-Stamm-Ausfahrt 25. Mai 2024
Am Vorabend der ersten Stammausfahrt, organisiert von den neuen Stammeltern Regula Betz und Manuel Eugster ging über dem Hinterthurgau ein böses Gewitter mit viel Regen und Hagel nieder.
Text: Hans Lieberherr; Fotos: Max Bünzli (1), Gary Massatti (6)
Ich denke, dass die beiden in der folgenden Nacht und erst recht nach dem Wetterbericht nicht tief schlafen konnten. Doch oft kommt es anders als man denkt. Pünktlich wie es sich gehört, waren alle Teilnehmenden im «Toggenburgerhof» in Kirchberg eingetroffen. Nach der Eingangskontrolle wurde eine Tasche mit Roadbook, Mineralwasser und zwei Appenzellerbiberli abgegeben. Bei Kaffee und Gipfeli durfte uns die sichtlich erleichterte Regula bei trockener Witterung begrüssen und die Startzeit um zehn Minuten vorverschieben, damit genügend Zeit blieb, um unser Tagesziel zu erreichen.
Emanuel (Männi) Dettwiler erläuterte als Ergänzung zum Roadbook die Strecke nochmals kurz und gab die letzten Anweisungen mit dem Kommando «an die Fahrzeuge!».

Über Bazenheid, Lütisburg, Ganterschwil führte uns die romantische Fahrt nach St.Peterzell zum ersten speziellen Erlebnis, zur Bergrennstrecke Peterzell–Hemberg. Kaum rechts abgebogen überquerten wir das kleine Brüggli und die virtuelle Startline der ursprünglichen Rennstrecke.
Nach dem Passieren dieser Linie packte mich auch ein wenig Rennfieber. So lockerte ich die Zügel der 200 Pferdchen meines goldenen 107ers, 350 SLC mit Handschaltung. Die Distanz zu meinen Nachfolgern vergrösserte sich und ich konzentrierte mich nicht mehr auf die Tachonadel, sondern auf die schmale Strasse und den richtigen Schaltpunkt in den Haarnadelkurven. Es war ein echtes Vergnügen, das Jubeln des 8-Zylinders zu hören und den Sound zu geniessen!
Spätestens vor der scharfen Rechtskurve vor dem Anwesen von Jörg Andreas Kachelmann, Fernsehmoderator und «Wetterfrosch», nahm ich die Zügel wieder straffer an die Hand und genoss den wunderbaren Ausblick zu den Voralpen und zum Säntis – wenn nicht die Wolken dies verhindert hätten! In Hemberg ging es scharf nach links, beim Restaurant Hörnli vorbei, übrigens ein Geheimtipp für Preis/Leistungsverhältnis und eben eine Traumaussicht auf den Säntis inklusive, für alle die dieses Erlebnis nachholen möchten. Übrigens – hier liegt die Ziellinie der neuen Bergrennstrecke Bächli–Hemberg, die wir in gemässigtem Tempo vom Ziel Richtung Start im Bächli befuhren. Nun ging es zügig Richtung Schönengrund, Waldstatt, Haslen, Teufen und kurz danach auf schmalem Pfad steil aufwärts unserem Tagesziel, dem «Schnuggenbock», entgegen. Alle 20 Oldies kamen pannenfrei an diesem wunderschönen Aussichtspunkt an. Mein mitgeführter Werkzeugkoffer kam somit nicht zum Einsatz.
Dafür wurden wir, kaum angekommen, gefordert! Herr Lehrer Max Bünzli erwartete uns mit strengem Blick unter der Türe des «Tintelompe», so heisst das Schulzimmer der 4. Klasse. Wir wurden von ihm am ersten Schultag der 4. Klasse genau gemustert, die Hände musste man vorzeigen, ob sie sauber sind und sogar das Nastuch wollte er sehen. Da gab ich mir keine Blösse und präsentierte ihm mein weisses Stoffnastuch mit Initialen.


Zu Beginn der Stunde, als der Herr Lehrer eintrat, erwartete er, dass alle aufstehen und ihn im Chor laut und deutlich begrüssen, was wir auch befolgten! Mit der Beschriftung der ausgeteilten Hefte, natürlich mit «Schnürlischrift», begann der abwechslungsreiche Unterricht. Alle bekamen ein Namenstäfeli um den Hals gehängt und unser Präsident namens Joggl musste den Klassenspiegel an der Wandtafel, natürlich zusammenhängend geschrieben, ausfüllen. Der Herr Lehrer kannte den Joggl, war dieser doch schon einmal in der 4. Klasse!
Mit tadelnden Worten sparte Herr Lehrer Bünzli nicht, vor allem bei den Knaben, die sich in die Ecke stellen mussten. Die erste Schulstunde verging im Fluge und wir hatten wohl schon lange nicht mehr so viel gelacht!

Noch immer gab’s nichts zu trinken, mussten wir uns doch auf den Aussichtspunkt begeben, wo uns nicht nur unser Gesangslehrer Bruno, sondern auch die ersten Sonnenstrahlen begrüssten. Es war beeindruckend, dass Bruno in vierzig Minuten aus dem Nichts einen vierstimmigen Chor so weit brachte, dass wir einen «Naturjodel», ein Lied ohne Worte, darbieten konnten. Ob die stehen geblieben Wanderer auch ohne unser «Zäuerli» stehen geblieben und gefilmt hätten, bleibt offen. Zum Schluss durften wir noch das Talerschwingen lernen und dazu ein «Rugguseli» versuchen.

Nun gings zum Zmittag. Auch da erwartete uns eine Überraschung, mussten wir doch die Tische selber decken und das Geschirr wieder zusammenstellen, sonst wären wir zum Abwaschen eingeteilt worden. Die Suppe wurde in einem Kesseli auf den Tisch gestellt zum Selberschöpfen. Auch der feine, bunte Salat kam in einer grossen Schüssel auf den Tisch. Dasselbe beim Hauptgang: Appenzellerschnitzel mit Chäshörnli und Öpfelmues waren sehr schmackhaft! Als Abschluss wurde ein «Schlorzifladen» (Birnenfladen), auch eine Appenzeller Spezialität, mit Kaffee serviert, Espresso gab es keinen! (Dieser war damals noch nicht bekannt)

Zum Schluss zusammengefasst war es eine «rondomm» gelungene Ausfahrt, abwechslungsreich, locker und fröhlich. Das Wetter hat trotz bewölktem Himmel und verdecktem Alpstein gut mitgemacht, war doch der ganze Tag trocken! Einige konnten sogar die Heimreise mit geöffnetem Verdeck antreten.
Wie es Gary, unser Präsident, in seinem Abschlusswort treffend formulierte, hat Regula mit ihrem Helferteam ihre Feuertaufe mit Bravour bestanden!
Liebe Regula, ich danke dir und deinen Helfern für diese schöne Ausfahrt und das gelungene Programm. In der Schule waren wir fast alle gleich, der Gesangsunterricht in der freien Natur hat uns vereint, wir haben gelernt, aufeinander zu hören, und die Musik und das Lachen waren Balsam für die Seele.
Vielen herzlichen Dank im Namen aller Teilnehmenden.

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