MBVC Schraubertag 2023 bei der Walter Hasler AG
Selber schrauben – oder den Fachmann beauftragen?
Schraubertag bei der Walter Hasler AG am 5. August 2023
Haben Sie auch schon an einem MBVC-Schraubertag teilgenommen? Ein unbedingt zu empfehlendes Erlebnis. Viele von uns können oder wollen nicht wirklich selbst am Oldtimer arbeiten. Der Schraubertag bei der Walter Hasler AG zeigte mir (und anderen wohl auch) einmal mehr Grenzen auf. Aber es gibt viel zu tun und zu wissen, damit das alte Fahrzeug gut läuft, fährt und als technisches Kulturgut erhalten werden kann.
Text: Alex Meier/Fotos: Martin Stahl
Die Ausschreibung von Organisator Roland Blaser liess für den Oldtimerfan Interessantes erwarten. Also Anmeldung gesandt, Fahrt nach Frick unter die Räder nehmen und am Anlass teilnehmen.
Auf dem reservierten Firmenparkplatz entstand spontan eine schöne Ausstellung von älteren und neueren Fahrzeugen mit dem Stern.
Roland konnte bei Kaffee und Gipfeli 34 Kolleginnen und Kollegen begrüssen (trotz Kapazitätsbeschränkung vor Ort musste niemand abgewiesen werden). Schön, dass auch Väter mit Söhnen und erstmals teilnehmende Neumitglieder angereist waren. Wahrlich wahr, auch in unserem Verein werden junge Neumitglieder besonders gern begrüsst.
Nach der Teilnahme an zwei früheren Schraubertagen war ich auf die weitere Auflage gespannt und hoffte, dazulernen zu können -– und wurde nicht enttäuscht. Die Teilnehmerschar wurde in vier Gruppen eingeteilt. Damit wurden die Präsentationen und Gespräche an den nachfolgend aufgeführten Posten persönlicher und intensiver.

Posten 1: Pflege und Substanzerhalt beim Oldtimer

Ist ja ganz einfach, Pflegemittel einkaufen und damit zu arbeiten. Nicht ganz. Dieser Posten wurde durch die Firma Riwax Chemie AG gestaltet. In der knappen Zeit konnten vor allem Hinweise gegeben werden, was zu tun ist und was besser nicht. So gelangte ich etwa zur Einsicht, in der Vergangenheit zu oft einfach zum Glasreiniger gegriffen zu haben; dieser ist nicht für alle Materialien verträglich. Wenn unsachgemässe Behandlungen dann etwa bei Kunstglas zu unerwünschten Resultaten führen (mattes Glas), kann es folglich am falschen Mittel oder einfach an der Alterung des Materials liegen. Aufpolieren ist hier möglich, muss aber fachgerecht erfolgen.
Aufschlussreich war auch die Sequenz zum Thema Leder. Es gibt ein Leder-Pflegemittel von Mercedes-Benz und alternativ oder ergänzend verschiedene vergleichbare Produkte anderer Hersteller. Vor einer Behandlung mit Rückfettungswirkung sollte das Leder in den meisten Fällen mit einem passenden Mittel gereinigt werden. Also gut überlegen, bevor es mit der Lederbearbeitung losgehen kann.
Zum Thema Keramik-Versiegelung riet der Experte, dass man eine solche definitiv besser einem Fachmann überlassen solle. Fazit an diesem Posten: Sich unbedingt vorgängig gründlich mit den Pflegeprodukten befassen; die Websites der Hersteller bieten dazu sehr gute Möglichkeiten.
Posten 2: Do-it-yourself oder lieber die Finger davon lassen?

Einige schrauben selbst, andere nehmen sich das bloss vor. An diesem Posten wurde zur Vorsicht geraten. Vor Arbeitsbeginn sollte man eine klare Zielsetzung haben. Man sollte sich im Klaren darüber sein, was selbst machbar bzw. sinnvoll ist, also über welche Fähigkeiten man verfügt. An erster Stelle steht immer der Sicherheitsaspekt, besonders bei Arbeiten an Bremsen. Fallstricke gibt es viele: benötige ich Spezialwerkzeug oder Literatur, die nicht jedermann zugänglich ist. Entscheidend ist ferner die Verfügbarkeit von Ersatzteilen. Die Antwort ist kurz und einfach: Original-Ersatzteile von Mercedes-Benz. Am Posten wurde auf die verschiedenen alternativen Ersatzteilquellen in Deutschland hingewiesen, wobei hier die bereits erwähnte Vorsicht zum Tragen kommen sollte. Wenn Do-it-yourself nicht gewünscht wird oder nicht in Frage kommt, empfiehlt der Experte den Gang bzw. die Fahrt zum Spezialisten. Er erklärt, dass die Firma Hasler gerne an alten Mercedes-Modellen arbeite, es hänge jedoch immer von der Baureihe (u. a. wegen des benötigten Spezialwerkzeugs), vom Umfang der notwendigen Arbeiten und von der Werkstatt-Kapazität ab. Er verwies zudem auf die Mitglieder der Mercedes-Benz Classic Organisation in der Schweiz. Diese Betriebe haben andere Voraussetzungen und Vorgaben; sie sind von Mercedes entsprechend zertifiziert. Wenn man Arbeiten vergeben will oder muss, sind meist vorgängige Abklärungen notwendig. Hilfreich können einem dabei Clubkameraden oder die im MBVC-Magazin aufgeführten Ansprechpartner für die einzelnen Fahrzeugtypen sein.
Posten 3: Termin beim Strassenverkehrsamt will gut vorbereitet sein

Die Gespräche an diesem Posten konzentrierten sich auf die Fragen rund um den Veteranenstatus (Code 180 im Fahrzeugausweis), dessen Erwerb und allfälligen Verlust. Dabei sollte man sich immer der Tatsache bewusst sein, dass es sich um kantonale Ämter (Motorfahrzeugkontrolle in einigen Kantonen) handelt, Unterschiede können und werden bestehen. Wer sie nicht kennt, sollte die schriftlichen Vorgaben studieren, beispielsweise Websites der Strassenverkehrsämter zu diesem Thema. Was aber, wenn der Beamte vor Ort zu Fragen des Autobesitzers eine in dessen Meinung zu restriktive, zu negative Haltung einnimmt? Es gibt Ermessensspielräume bzw. klare Grenzen dazu, was beim Veteranenstatus nicht geht (Beispiele: Ölschwitzen okay, Öltropfen nicht okay; leicht abgenutztes Polster okay, Risse nicht okay). Je nach Alter des Fahrzeuges sollte man den Verzicht auf die Rüttelplatte erwarten können. Was rät der Vertreter des Amtes (am Anlass Boris Egli vom Strassenverkehrsamt beider Basel) bei solchen Situationen? Diskussion ruhig und höflich angehen, sich aber auch getrauen, die eigene Meinung deutlich vorzubringen und angemessene Entscheide zu verlangen. Antwort auf die Frage zu den FIVA-Pässen: Ja, damit verfüge man auch in Münchenstein BL über Erfahrungen, die technischen Vorgaben seien jedoch für alle grundsätzlich die gleichen. Die Postenarbeit bestätigte die Realität der Praxis, dass die Ämter beim Veteranenstatus – den man bei Nachlässigkeit oder eingetretenen Verschlechterungen auch verlieren kann – über Ermessensspielraum verfügen und diesen auch nutzen. Es sei noch darauf hingewiesen, dass Aufbau und Führung eines detaillierten Dossiers zur Geschichte des eigenen Fahrzeuges auch bei der Motorfahrzeugkontrolle (wie bei der FIVA) gute Dienste leisten kann. Auch bei Fragen um den FIVA-Pass kann unser Verein weiterhelfen, entsprechende Delegierte des MBVC stehen den Mitgliedern für Auskünfte zur Verfügung.
Posten 4: Heutige Motor-Diagnostik bei Mercedes-Benz

Hinein in die Moderne: Am Posten wurde ein Mercedes-AMG GT 53, 3-Liter-Motor R6 mit ISG und 457 PS, präsentiert, ein imposantes Fahrzeug. Die meisten von uns wussten nicht, dass der Motor über sechs Zündspulen verfügt und das Fahrzeug mit Instruktionen von 79 Steuergeräten versorgt wird. Man staunte. Das Problem, das es zu beheben galt: unrunder Motorlauf. Demonstriert wurde uns die Fehlersuche mit den neuesten Diagnose-Geräten des Hauses Mercedes-Benz. Hochentwickelte digitale Systeme suchen und finden Mängel, schnell und präzise. Analysiert wurden bei unserem Patienten Kompression, Benzindruck und Verbrennungsaussetzer. Imposant: die Kompression wurde nicht gemessen, sondern aus Inputs von Wagensensoren durch das System errechnet. Messen würde schon noch gehen, aber der Demontageaufwand (für den Zugang zu den Kerzen) wäre viel zu gross. Der Elektro-Schaltplan ist auch digital abrufbar. Zur besseren Ansicht kann auf dem Display eine Ausschnittvergrösserung abgerufen werden, auf welcher die filigranen Details besser zu erkennen sind. Insgesamt eindrücklich, was es braucht, um unsere Alltags-Mercedes zu betreuen. Auch an diesem Posten eine Referenz an die Vergangenheit: ein (relativ) übersichtlicher Schaltplan eines Mercedes W 123, der sich noch gut vollständig ausdrucken liess.

Wir TeilnehmerInnen durften uns über einen fachlich hoch interessanten, bestens organisierten und strukturierten Anlass im Fricktal freuen. Pflege von Kameradschaft und Geselligkeit kamen nicht zu kurz, flankierend konnte ein Blick auf das aktuelle Neuwagen-Angebot Begehrlichkeiten wecken. Ein herzliches Dankschön an die Firmen Walter Hasler AG und Riwax Chemie AG sowie das engagierte Team, das uns vor Ort betreute und last-not-least an den souveränen Organisator Roland. Danke auch für das von der Walter Hasler AG gespendete feine Essen und die von Riwax offerierten Pflegeprodukte.

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