Ladies Day 2023

Eine Reise durch 150 Jahre Modegeschichte

5. Ladies Day, 16. September 2023

Regula Betz überraschte die Teilnehmerinnen am diesjährigen Ladies Day mit einer ganz ­besonderen Aufmerksamkeit. Das Roadbook war nämlich mit einem hübschen Satinband und einer pinkfarbenen Ansteck-Blüte geschmückt. Alle Frauen hefteten sich diese ­Blüten an, so war klar ersichtlich, dass wir 17 Frauen zusammengehören. Paula Nacht Stahl fehlte leider, da sie kurz vorher erkrankt war. Wir hoffen, dass sie und etliche andere Frauen das nächste Mal dabei sein werden.

Text: Regula Tanner; Fotos: Regula Betz, Monika Bieri, Regula Tanner

Das ehemalige Gotteshaus beherbergt heute die Modesammlung von Martha Wieland

Beatrice Stettler erklärte kurz das Programm und schon starteten wir pünktlich um 9 Uhr vom Stammlokal Egerkingen und fuhren via Murgenthal über die Aare und weiter durch kühlende Waldabschnitte. Gemütlich ging es im Konvoi bei nebelverhangenem Himmel und frühherbstlicher Stimmung via Zofingen und Mühlethal zu unserem Ziel in Uerkheim, das wir mühelos nach knapp einer Stunde Fahrzeit erreichten. Wir parkierten vor der kleinen Kapelle.

Kapelle? Das war es einmal … Martha Wieland begrüsste uns herzlich und schon nach wenigen Minuten tauchten wir mit ihr in die Geschichte ein.
Martha Wieland hat zusammen mit ihrem Mann diese evangelisch-methodistische Kapelle vor ein paar Jahren erworben und mit viel Enthusiasmus vom Kellergeschoss bis zum Dachstock komplett restauriert. Auf den verschiedenen Ebenen präsentiert sie ihre zahlreichen Schätze nach Zeitepochen und Themen gegliedert, ergänzt durch eine kleine Bibliothek und im Untergeschoss mit einem Partyraum für Seminare oder festliche Anlässe.

Mit viel Humor und gesunder Selbstironie führte sie uns durch 150 Jahre Modegeschichte. Doch schon schnell wurde klar, dass es hier nicht nur um Mode als Thema für Frauen geht. Nein, im Gegenteil, die gesellschaftspolitischen und wirtschaftlichen Einflüsse zeigen deutlich, wie die Mode die Geschichte widerspiegelt. Bauernkleider oder Handwerkerkluften fehlen in dieser Sammlung, da diese getragen, geflickt und abgeändert wurden bis sie nicht mehr hielten oder am Schluss als Putzlappen (für Autos?) endeten. Wir erfuhren zum Beispiel, dass während den Kriegsjahren an Stoff gespart wurde. Statt weite Roben entstanden eher schmale oder kürzere Kleider. Wobei die Schneider und Designer erfinderisch wurden: anstelle von Brokatbändern entstanden kunstvolle Hohlsäume. Die Handwerksarbeit blieb keineswegs stehen. Auch Modemagazine wurden schwarzweiss statt farbig gedruckt.

Edle Roben aus Brokat und Seide

Martha stöberte in Brockenstuben, fand selbst in Müllcontainern oder über ihr unglaubliches Sammler- und Beziehungsnetz unzählige Unikate von reichen Leuten, Edeldamen und aus Herrschaftshäusern. Ihr Wissen rund um die Mode und deren Entwicklungen ist beeindruckend. Viele wunderbare Kleider werden an Puppen präsentiert. Doch unzählige Stücke, alle katalogisiert und mit ihrer Geschichte versehen, finden sich auf dem Dachstock schön gegliedert an Bügeln aufgehängt. Zusätzlich verfügt Martha noch über externe Lager und sogar über einen Quarantäne-Bereich. Denn viele der Kleidungsstücke sind leider nicht waschbar, da sie mit Naturfarben oder Handmalereien geschmückt sind und sich die menschlichen Düfte selbst nach Jahren nicht verflüchtigt haben.

 

Gebannt lauschen die Teilnehmerinnen den Ausführungen von Martha Wieland

Bis rund 1900 wurden die Mädchen ab dem Alter von zwei Jahren geschnürt, damit die Rippen sich nicht zu einem normalen Brustkorb entwickeln konnten und die erwachsenen Frauen so die gewollte schmale Taille (Kindergrösse 32) erhielten. Martha erklärte uns die Corsage und das unter dem Kleid aufwendig als Draht- und Schnürgeflecht drapierte attraktive Hinterteil, das wir meist aus Filmen kennen. Nach den Kriegsjahren folgten dann die Golden Twenties mit geraden Schnitten, Pailletten und viel Ungezwungenem. Das zeigt sich auch in der Hutmode, beispielsweise bei den grossen Hüten, mit welchen die Frauen, oft auch rauchend in den offenen Limousinen, nicht übersehen werden konnten. Martha stellte immer wieder den Link zum Auto her und wir mussten ein paar Male herzlich lachen. Ein Besuch in Martha Wielands ­Kapelle lohnt sich auf jeden Fall, denn die Geschichte geht bis heute weiter.

Die Kollektion umfasst nicht nur ­Damenmode, sondern auch Kleider, die einst für Puppen, Babys, Kinder oder Männer bestimmt waren

Es wurde uns auch bewusst, wie gross früher der Wert eines Kleidungsstückes war und wie wir heute damit umgehen. Wahrlich ein grosser Wandel! Dennoch glaube ich persönlich, dass es auch heute sogenannte «Erbstücke» gibt, aus edlen Materialien, schön gefertigt, die man ein Leben lang tragen kann.

Modeschau mit ­Outfits aus dem letzten Jahrhundert, präsentiert von den Teilnehmerinnen

Nach dem spannenden Rundgang überraschte uns Beatrice. In zwei klassischen alten Koffern brachte sie besondere Kleidungsstücke aus ihrer Familie und von ihr selbst mit. Einzelne von uns wählten sich ein Stück aus und es entstanden lustige Fotos. Wirklich eine gelungene Idee, Beatrice!

Mit vielen Eindrücken und heiterer Stimmung ging es bei schönstem Sonnenschein und mit vorwiegend offenen Verdecken durch liebliche Landschaften ins Luzernische. Nach ein paar Kurven hinunter nach Wauwil gelangten wir pünktlich zum Restaurant Rössli in Mauensee.

Wir genossen ein ungezwungenes Mittagessen, plauderten fröhlich weiter bis fast um halb vier Uhr. Zum Abschied überreichte Regula Betz uns allen einen feinen, mit einem Mercedes-Stern verzierten Rüebli-Kuchen.

Mit etwas Respekt hatte ich mich als noch neues Mitglied für diese Ausfahrt angemeldet. Auch wenn mich der Autovirus noch nicht infiziert hat, werde ich hoffentlich bei der nächsten Ausfahrt wieder mit dabei sein. Es war ein wunderbarer Tag.. Ein herzliches grosses Dankeschön an die beiden Organisatorinnen, Beatrice Stettler und Regula Betz.

Weitere Impressionen in der Bildergalerie