Berner Ausfahrt 2021

 Aufzeichnung der Berner Ausfahrt aus dem Innern eines MB 190 E 2.3

Aufgezeichnet durch Doris Amacher und Hans Peter Würsten

Anfahrt und Eintreffen in Fraubrunnen
Es ist schon 07.45 Uhr, wir haben es wieder einmal nicht geschafft, rechtzeitig aus dem Haus zu gehen, aber weisst Du, heute wird es heiss, ich musste unbedingt die Pflanzen auf den Terrassen giessen… Ach, so ein Mist! Ich hatte doch auf der Homepage Infos gesammelt über das Museum – alles noch im Computer, ans Ausdrucken habe ich heute Morgen in der Eile nicht mehr gedacht.
Oh jeeeh!
Ärgerlich, jetzt sind wir beide pensioniert und immer noch dieses Gjufel. – Schau die Morgensonne auf unserem Rebberg, und wie wunderschön der Mohn zwischen den Rebstöcken leuchtet!
So wahnsinnig sauber ist die Frontscheibe nicht geworden beim gestrigen Autowaschen.
Nein, jetzt geht auch noch die Barriere runter, das dauert wieder bis das RBS-Bähnli nach Unterzollikofen kommt.
Jetzt ist 08.00 Uhr, Beginn der offizielle Besammlung… es sind sicher schon fast alle da.
Viel zu spät sind wir ja nicht.
Aber der Parkplatz ist bestimmt schon voll.
Fahr mal langsam, dann schaue ich – ja, ja, alles voll.
Wir gehen am besten gleich auf den hinteren Platz.
Ah, Georges und Käthy sind mit dem «Jumbo» auch grad hinter den Löwen gefahren, sie haben ein Schattenplätzchen gefunden – fahr doch auch in den Schatten.

Fahrt von Fraubrunnen nach Solothurn
«Il y a nettoyé une poire».
Wo?
Bei Schörschu, am Scheinwerfer links.
Es sind sehr viele Teilnehmende da, gemäss Roadbook sind es 56, aber Hansruedi hat mir gesagt, es habe bis gestern noch Änderungen gegeben. Wo bleiben sie denn? Ob es ein Problem gibt und die Kolonne noch nicht starten kann?
Tja, bis jeder vom Platz manövriert ist, dauert das halt.
Jetzt kommen sie, Hansruedi fährt vorneweg….so, jetzt, schön, wir sind hinter dem 220er Cabriolet B von Benedikt und Iris und vor dem Heckflossencabriolet von Bernhard und Marlène. Gell, ich muss nicht schauen, wo es durchgeht, Du kennst Dich ja aus in dieser Gegend.
Ja schon, aber ich weiss nicht, wo es durchgeht, Doris, ich habe die Route nicht studiert!
Schon gut, also: Fraubrunnen, dann nach Büren zum Hof, Limpach. Gut?
Ja, ja.
Hier zweigt’s schon ab nach Büren zum Hof. Das Blinklichtlein des 220er sieht man kaum.
Aber das ist dann noch ein starkes im Vergleich zu meinem «Dieseli».
Es ist schon angenehm, diese Art von Roadbook, so wie es Hansruedi macht, simpel, aber mehr braucht es nicht. Ich gebe ihm dann ein Feedback, wie’s funktioniert hat. – Es sind wirklich viele Teilnehmende da, auch viele, die ich nicht kenne.
Und schön, dass auch Neumitglieder dabei sind.
Hansruedi hat sie begrüsst und vorgestellt, es sind Felix und Hong Truninger, Olivier Carrel und Liliane Dreier. Einige Teilnehmende kommen von weiter her, Benedikt und Iris zum Beispiel oder Männi und Regula.
Das kleine Gebäude da links, da war ich beteiligt an der Restaurierung, es war fast am Zerfallen.
Das ist ein wahnsinnig schöner Baubestand hier in Büren zum Hof.
Es ist als Ortsbild von nationaler Bedeutung eingestuft.
Prächtig, da muss ich gleich versuchen, eine Cockpitfoto zu machen. – War das vorhin etwas frech, schon so weit vorne in die Kolonne einzufädeln?
Nein, irgendwann muss ich ja fahren.
Jetzt haben wir das ganze Fraubrunnenamt vor uns.
Das dahinten ist der Buechibärg.
Und das Limpachtal.
Da schaut schon die Kirchturmspitze von Limpach hervor.
Hoffentlich taugen die Cockpitfotos was. Häng’ Bernhard nicht ab, gell! Jetzt kommt Brittern, dann Aetikofen.
Aetikofen liegt im Kanton Solothurn, ist aber reformiert und bernische Kirchgemeinde.
Wer ist das hier am Strassenrand? Ein Papparazzo mit der Kamera auf der Lauer.
Das war doch Martin, er ist jeweils am Egerkinger Stamm.
Das kann sein, ich kenne nicht mehr wirklich alle gut, man hat sich lange nicht gesehen und vor Covid hat man sich die Hand gegeben zum Begrüssen und sich direkt vorgestellt, heute winkt man sich meist nur zu.
Wo geht’s jetzt weiter?
Rechts Richtung Mühledorf und Tscheppach. – Der Buechibärg ist einfach eine schöne Gegend, tatsächlich mit viel Wald und Buchen, aber der Name kommt doch von der Herrschaft der Grafen von Buchegg, oder nicht?
Ja, klar, aber der Name derer von Buchegg kommt ja auch von irgendwo her.
Jetzt kommt Ichertswil, dann Lüterkofen und Lohn-Ammansegg. In Nennigkofen biegen wir dann auf die Strasse ein, welche von Büren an der Aare herkommt. Hansruedi hat doch noch angekündigt, dass wir einen Riesenprojektor sehen werden, ich bin gespannt, was das genau ist.
Da vorne sieht man schon den Turm der St. Ursen-Kathedrale…. und schau, hier fahren wir einer interessanten Bahnlinie entlang, sie führt von Herzogenbuchsee nach Büren an der Aare, nachher kreuzt sie die Linie Bern-Biel, in Busswil glaub ich, dann geht sie nach Kerzers und verläuft der Broye entlang. Diese war ursprünglich als Mittellandstrecke geplant, als Hauptlinie, aber dann wurde die Strecke Bern-Freiburg-Lausanne zur Hauptlinie Richtung Westschweiz.
Das Aareschiff Solothurn-Biel ist ziemlich voll, bei diesem schönen Wetter ziehts die Leute wieder aufs Schiff.
Jetzt sieht man sie gut, die Rücklichter von Georges, er hat in Deutschland LED-Einsätze erhalten. Es nimmt mich wunder, ob es beim «Dieseli» auch etwas hilft, dass ich die Innenseiten der Lampentöpfe silberfarbig gespritzt habe.
Hier geht’s rechts gemäss Karte… Da, jetzt stehen die Autos schon und biegen ab zum ENTER-Museum. Hah, da kommt einer der unsrigen von vorne.
Nicht bloss einer!
Wo sind denn die durchgefahren?
Jedenfalls nicht auf dem gleichen Weg wie wir.

Da steht Hansruedi, er will, dass wir hinten auffüllen, wart, lass mich raus, ich gehe schauen, wo wir parkieren können.

Fahrt von Solothurn nach Laufen
Wer hupt da ständig in unserem Konvoi?
Ich weiss es nicht, aber es ist eine Unart, eher peinlich.
Unglaublich, was es im Museum ENTER alles zu sehen gab.
Die Sammlung ist immens, sie umfasst einen Grossteil der Kommunikation seit der Erfindung des Morseapparats und reicht bis fast in die Gegenwart.
Beeindruckend waren die Edison-Phonographen, diese funktionierten zuerst mit Zinnfolien, dann mit einer Wachswalze, dann kam das Goldgussverfahren für die Vervielfältigung. Die Aufnahme, die wir hörten, war deutlich über 100 Jahre alt.
Von der Architektur hergeleitet wurde der Name «Kathedralradio», welche in einem Raum zuoberst rundherum auf Tablaren aufgereiht waren. Aufgefallen ist mir der erste B&O-Radio mit Bakelit-Gehäuse.
Oder die ersten Natels, welche noch im Kofferraum untergebracht werden mussten. Offenbar gab es damals mehr Attrappen als echte Apparate.
Ja, ja, das weiss ich. Erinnerungen kamen auch auf beim Betrachten der Transistorradios und dann der Kassettengeräte, mit denen man immer wieder einen Bändersalat produziert hat.
Und erst recht das Fussröntgengerät, da musste ich als Kind beim Bata in Biel jeweils die Füsse hineinstrecken, damit die Verkäuferin sah, ob der Schuh passt. Und der erste Radiosender von 1923, die ersten Röhrenfernseher, Rechenmaschinen, Videogeräte, und, und, und.
Da müssen wir mindestens noch einmal einen ganzen Tag reservieren, um das Museum anzuschauen.
Eine Sensation ist der Apple 1 von 1976. Sogar ein Cray XT4-Rechenzentrum der ETH ist ausgestellt, dafür muss man auch erst einmal Platz haben.
Eben, deshalb zügeln sie das Museum ja 2023 in eine grosse Halle in Derendingen.
Ob sie wohl Deine alte Precisa-Rechenmaschine nehmen würden?
Es ist eine Anfrage wert.
Ah, hier fahren wir über die Emme. – Auf dem Passwang muss ich dann nach Laufen ins Restaurant «Lamm» anrufen, damit sie dort wissen, wann wir ungefähr ankommen, Hansruedi hat mich darum gebeten.
Da vorne ist schon die Autobahn und die Silberkugel bei Deitingen, wo geht’s dann weiter?
Richtung Wangen, durchs Städtli, dann nach Walliswil bei Niederbipp, Bannwil, Aarwangen, Schwarzhäusern, Kestenholz usw.
Ja das kennen wir im Schlaf und auch von der Jahresausfahrt «der Aare naa».
Immer wieder schön, das Wangen-Städtli und die Holzbrücke.
Hier war ich bei vielen Häusern als Bauberater tätig.
Was ist das hier, eine Beton- oder Kiesfabrik?
Ja.
«Baustoffpark Walliswil» steht am Gebäude.
In Walliswil gabs an einer Berner Ausfahrt einmal das Abschluss-Zvieri.
Jetzt hat man einen freien Blick auf die Aare, ein schöner Abschnitt! Und schon sieht man das Schloss Aarwangen. Unsere Leute fahren aber sportlich an den Rechtsvortritten vorbei! Oh, Arthur macht Boxenstopp, er muss tanken.
Von hier, von Kestenholz, bleiben nach Plan noch 35 Minuten bis Laufen. Das wird nie reichen, aber wir rücken dann schon, wenn wir mal in Balsthal sind.
Über die Ebene geht’s nun zügig.
Achtung, halte den Routenplan fest, nicht dass er durchs offene Fenster rausfliegt!
Schau die Klus-Felsen und die Burg Alt-Falkenstein obendrauf, immer wieder eindrücklich, ich mache eine Foto.
Ich habe langsam Hunger.
Und ich habe Durst, aber das Wasser ist im Kofferraum.
Sehr intelligent!
Achtung, hier gibt’s eine Umleitung für den Passwang und da steht ein Bus, angeschrieben mit «Gänsbrunnen», was will der, wieso fährt er nicht?
Das dauert ja ewig. Ah, endlich fährt er. Die Umleitung ist immerhin gut ausgeschildert.

Schau, ein historischer Zug der OeBB steht am Bahnhof Balsthal. So, alle biegen ab Richtung Passwang / Mümliswil, das haben wir geschafft.
Da, vor dem Passwang, kann man offenbar links ins Guldental abbiegen, das kenne ich gar nicht.
Hast Du diese alte Mühle gesehen? Ein imposantes Gebäude am Bach ausserhalb von Ramiswil.
Mit Fassadenbemalung!
Stammt sie aus dem 17. Jahrhundert?
Von der Typologie her könnte es noch 16. Jahrhundert sein.
Jetzt beginnts zu steigen, huh, heftige Kurven!
Ja, aber es geht «ringer» als mit dem Dieseli. Was ich am 190 E wirklich schätze, ist diese Leichtgängigkeit, er geht sauber in die Kurven, die Raumlenker-Hinterachse ist nach wie vor topaktuell.
Hier, eine ganze Weide voller Geissen, und diese Aussicht auf die Jura-Hügellandschaft! Ach, immer wenn ich abdrücke für eine Foto, habe ich einen Pfosten im Bild.
So, jetzt kannst Du nach Laufen ins «Lamm» anrufen, der Tunnel kommt.
Bald sind wir schon in Oberbeinwil. Da geht’s aber steil runter. Die fahren recht schnell, die 170er. So zügig waren wir noch selten unterwegs auf einer Ausfahrt, so richtig Rally-Modus.
Schön, wenn man nicht «trötschgelen» muss.
Nun kommt noch Unterbeinwil, Erschwil, dann Büsserach. – Jetzt öffnet sich das Tal wieder. Achtung: da geht’s links Richtung Wahlen. – So, da ist ein Schild «Laufen Historische Altstadt».
Ricola steht an diesem Fabrikgebäude, genau, die sind ja in Laufen.
Jetzt nehme ich das Detailplänli.
Links, Delémont, ist das richtig?
Basel / Delémont, ja das ist richtig. So, dort ist der Bahnhof. Stimmt das? Gemäss dem Plan geht es eher nach rechts, über die Gleise rüber. Ja, ja, die vor uns sind falsch gefahren. Bieg rechts ab. Oder sind wir nun falsch? Keine Ahnung, es tut mir leid, ich weiss nicht mehr, wo wir sind, ich habe die Orientierung verloren.
Was jetzt!
Kehr um, und wir fahren so, wie alle andern auch gefahren sind.
Und jetzt, wo weiter?
Folge einfach den andern, irgendwie bin ich völlig falsch drin. Da vorne biegen sie rechts ab auf einen Parkplatz, hier, hier…

Hier endet die Life-Reportage aus dem Innern des 190 E. Der hungrige Fahrer und die durstige Copilotin wurden im Restaurant «Lamm» in Laufen verpflegt. Wie sich beim mittäglichen Gespräch herausstellte, nachdem der Fahrer das Roadbook auch noch studierte, hat die Copilotin in Laufen kläglich versagt. Sie war wohl etwas müde und hat den Fahrer, ohne sich dessen bewusst zu werden, mit dem Detailplan von Solothurn vor der Nase durch Laufen pilotieren wollen…

Die Wagen-Plauderer sprechen sicher im Namen aller Teilnehmenden, wenn sie sich nur lobend über die schöne Strecke, das eindrückliche Museum und die tip-tope Organisation einschliesslich der innovativen, sehr dienlichen Routenkarte äussern. Herzlichen Dank an Hansruedi Koch und an Bernhard Künzi, welcher den Streckenteil Solothurn-Passwang verantwortet hat. Auch die Führer im ENTER-Museum in Solothurn haben ihre Sache grossartig gemacht. Sie haben uns nur einen Bruchteil der immensen Sammlung zeigen können, aber den Appetit auf weitere Besuche des Museums angeregt. Herzlichen Dank Bernhard Graf, Samuel Stucki und Richard Cavegn. Felix Kunz, dem Initianten und Stifter des Museums gebührt riesengrosses Dankeschön, insbesondere dafür, dass er uns den Spitlight P.300.S Wolkenprojektor präsentiert hat.

Es war eine schöne Ausfahrt – auch weil wir uns nach langer Zeit wieder einmal treffen durften, und dank dem Spezialeffort und der hohen Flexibilität von Hansruedi Koch, der nach kurz vorher kommunizierten Corona-Lockerungen mit knappstem Vorlauf die Ausfahrt definitiv planen konnte und dabei erst noch auf kürzeste An-/Abmeldungen reagiert hat. Grossartig!

  
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