40 Jahre MBVC – Mittwoch, 15. Juni

Mit dem Bernina Express nach Tirano

Edi Schaub
 
Der 15. Juni war für mich der Höhepunkt der Jubiläumsfahrt. Denn eine Fahrt mit der Rhätischen Bahn (RhB) von St. Moritz nach Tirano macht man nicht alle Tage. Der einzige Nachteil war das auf 6.30 Uhr angesetzte Frühstück, denn um 7.30 Uhr mussten wir uns beim Bahnhof in St. Moritz auf Perron 3 einfinden. Achtzehn Minuten später startete der Zug mit 1000 Volt Gleichstrom und 2400 kW Leistung zur Fahrt über die Berninastrecke. Die erste Teilstrecke wurde übrigens 1908 eröffnet und seit 1913 ist die gesamte Strecke auch im Winter offen. Die Steigungen bis zu 70 Promille meistert der Zug mit der vorgespannten «Allegra» mit Leichtigkeit. Auf 2253 Meter über Meer liegt der höchste Bahnhof der RhB, das Ospizio Bernina.

Die während der ganzen Woche stets zwischen Sonne und Regen wechselnden Wetterverhältnisse waren auf der Fahrt nach Tirano zum Glück wieder einmal prächtig, so dass wir die in den Himmel ragenden Schneeberge und die wilde Landschaft des Berninapasses bewundern konnten. Beim Fotohalt auf Alp Grüm konnte das eindrückliche Alpenpanorama abgelichtet werden.

Um 10.21 Uhr trafen wir in Tirano ein und wechselten in den Car, der uns nach Bianzone in das Weingut La Gatta brachte. In seiner 500-jährigen Geschichte hat der frühere Pilgerort manche Besitzer gesehen: Den Dominikanerorden, die namensgebende Adelsfamilie De Gatti aus dem Comasco, die Winzerfamilie Mascioni aus dem Puschlav. Seit 1969 gehört La Gatta der Familie Triacca. Auf 40 Hektaren werden jährlich 3’500 Hektoliter Wein produziert.

Zur Begrüssung gab es einen Apéro und dann folgte eine Besichtigung des Weinberges. Wer an der halbstündigen Tour teilnahm, konnte allerhand über die Pflege der Rebstöcke erfahren und auch über den Wandel der Zeit: Der auf horizontal umgestellte Rebenanbau an Stelle des alten vertikalen Anbaus erbringt weniger, aber besseren Ertrag und unterstützt eine vermehrt maschinelle Bebauung. Auch hier musste festgestellt werden, dass der heutige Trend eindeutig Richtung weniger, dafür qualitativ hochstehendem Wein geht.
 
Beim anschliessenden Mittagessen mit Weinprobe ergingen sich die Weinkenner in Diskussionen, ohne sich darüber einig zu werden, welcher der drei Kostproben nun am besten war. Egal, sowohl die Pizockel, als auch die kalten Fleischplatten überzeugten alle!
 
Dann ging‘s mit dem Car zurück nach Tirano, wo unser Zug auf Gleis 3 bereit stand. Inzwischen hatte es zu regnen begonnen, so dass wir auf der Fahrt statt der Berge nur noch Nebelschwaden zu sehen bekamen. Es wurde geschwatzt und geschlafen – einzig und einstimmig hat man den Speisewagen auf der rund zweieinhalbstündigen Fahrt vermisst.

Trotzdem, wir haben den Tag genossen und wieder einmal mit einem herrlichen Abendmahl abschliessen können. Den Organisatoren sei deshalb an dieser Stelle für die gute Idee mit der Bahnfahrt im UNESCO-Weltkulturerbe gedankt.